Dienstag, 26. Mai 2009

Aus dem Gemeinderat:

Sondersitzung am 26.5.2009, TOP 1: Weisung an die KMK, die Turtle-Electronic Sports League am 5. Juni 2009 zu verbieten

Wie auch das Bürgermeisteramt lehnt die FDP-Fraktion den Antrag auf Erteilung einer Gesellschafterweisung an die KMK mit dem Inhalt, den Mietvertrag mit der Firma Turtle Entertainment GmbH für die Veranstaltung am 5. Juni 2009 aufzulösen, ab.
Wie verbindlich werden zukünftig Verträge mit der KMK oder der Stadt sein?
1.
Die virtuellen Spiele in Form eines Bundesliga-ähnlichen Wettkampfs am 5.6.2009 sind in Deutschland zugelassen. Zudem hat sich der Veranstalter verpflichtet, den Zugang für eine Nachverfolgung im Internet erst ab 22 Uhr zu ermöglichen. Der Zugang ist durch eine Überprüfung des Alters und nur bei Registrierung mit dem Personalausweis möglich, so dass Jungendliche unter 16 Jahren keinen Zugang haben. Dass mglw. jüngere Jugendliche sich Zugang verschaffen könnten, rechtfertigt nicht die Annahme, der Vertragspartner verhalte sich vertragswidrig. Es gibt also keinen rechtfertigenden Grund - im juristischen Sinne -, den Vertrag mit dem Veranstalter zu kündigen. Die von einigen – vermutlich aus Wahlkampfgründen - entwickelte Aggressivität die schon fast zur Hysterie wird, ist kein solch wichtiger Grund. Grundsätzlich gilt bei Verträgen: „ Pacta sunt servanda“, „Verträge sind einzuhalten“.

Daneben weise ich auf den Kontrahierungszwang hin. Öffentliche Einrichtungen unterliegen diesem, d. h. Verträge müssen abgeschlossen werden, soweit sie nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen. Das gilt nach der Rechtsprechung zwar unter bestimmten Voraussetzungen für Betreibergesellschaften solcher öffentlicher Hallen, wie unsere KMK, nicht, aber: da in unserem Fall der Gesellschafter - Stadt Karlsruhe - der GmbH Anweisung erteilen kann - was ja gerade der CDU-Antrag bezweckt - besteht ein solcher Kontrahierungszwang, welchen der Veranstalter einklagen kann.

2.
Die Aufforderung zur Absage der Veranstaltung und zur bindenden Weisung an die KMK zur Kündigung ist also offener Aufruf zum Rechtsbruch!!! So etwas steht einer öffentlichen Verwaltung nicht zu, zumal in der „Residenz des Rechts“!
Die Sache ist i.Ü. nicht mit einer Konventionalstrafe abgetan. Der Veranstalter hat bei einem solchen vorsätzlichen (!) Rechtsbruch Anspruch auf Ersatz seines gesamten Schadens, auch seines Rufschadens. Dieser kann sehr viel höher als die Konventionalstrafe sein. Die Veranstaltung ist Teil eines Wettbewerbes, der in einem Endspiel mündet. Wenn dieses gefährdet ist, kann der daraus entstehende Schaden auf Karlsruhe zukommen.
Eine Absage drängt die Veranstaltung in das grenzenlose Netz mit der Konsequenz, dass die Spieler ohne feste Regeln spielen.
Wo sind die Grenzen? Was verbietet der Gemeinderat demnächst?

Vergessen wir nicht, es handelt sich um Spiele, welche ab 16 Jahren zugelassen sind und welche von der doch wohl anerkannten und fachlich legitimierten Bundesprüfstelle als nicht jugendgefährdend eingestuft worden sind. Welche besseren, weiseren, fachlich fundierten Informationen hat denn die CDU-Fraktion?

Karlsruhe ist Internetstadt. Wussten Sie, dass es im Technologiepark eine Firma gibt, die monatlich bis zu 10 Mitarbeiter einstellt, die nichts anderes macht, als Computerspiele im Internet - Gameforge-?

Der Imageschaden ist enorm. Bitte googeln Sie einmal die Veranstaltung. Die Community steht Kopf. Die Aktion der CDU ist übrigens die „beste“ – weil billigste - Werbung für die Veranstaltung, die sich der Veranstalter wünschen kann.

3.
Verbote bewirken in diesem Fall nur Neugierde, ohne das Übel an der Wurzel zu packen. Deshalb stimmen wir einer breit angelegten Öffentlichkeitskampagne zu. Aber eine besondere Aufklärungsarbeit kommt den Familien zu, damit Kindern und Jugendlichen bewusst wird, dass Brutalität und Gewalt kein Mittel zur Lösung von Problemen ist und die Menschenwürde verletzt. Aber die einfache Gleichung, wer bestimmte Spiele spielt, kann zum Amokläufer werden oder besser die Umkehrung, wer sie nicht spielt, wird es nicht, mag zwar populär sein - falsch ist sie trotzdem.
Der Täter aus Winnenden hat seinen menschenverachtenden mörderischen Amoklauf mit der Waffe und der Munition aus seinem Elternhaus begangen , hat zu Hause im Internet gespielt, nicht bei einer solchen Veranstaltung, die Teile der CDU- sowie GRÜNE-Fraktion verbieten möchten. Er hat übrigens überwiegend Poker gespielt und sich ansonsten im Internet reale Bilder anderer Amokläufe, die ihm als Vorbild dienten, angeschaut.

Um eines klar zu stellen: Die FDP ist nicht für Gewaltspiele, aber sie ist für einen sach-, rechts- und realitätsbezogenen Umgang mit gesellschaftlichen Problemen, für einen breiten Diskurs „ohne Zorn und Eifer“, ohne „Machtspiele und Wahlkampfgetöse“! Für einen besonnen Umgang, der sich - wie es in der Vorlage richtig heißt - um notwendige gesellschaftliche Auseinandersetzungen nicht durch hektische Symbolhandlungen drückt.

Und ein Letztes: Ich frage mich, warum CDU- und Grüne-Kollegen nicht bereits im Hauptausschuss ihre Ablehnung an der Durchführung dieser Spiele einbrachten? Aufklärung statt Unterstellungen, Sachlichkeit statt unwürdige Polemik, Standhalten statt Opportunismus, dafür setzt sich die FDP-Fraktion ein. gez. Rita Fromm

Keine Kommentare: