Dienstag, 25. August 2009

Liberale Stichtage: Vor 90 Jahren stirbt Friedrich Naumann


Ehrengrab Friedrich Naumanns auf dem Berlin Zwölf-Apostel-Friedhof.
"Viele Jahre eigenen Lebens und Hoffens gehen mit ihm hin." Mit diesen Worten kondolierte der große Gelehrte Max Weber Friedrich Naumanns Witwe, als er vom Tod seines langjährigen Freundes und politischen Mitstreiters erfahren hatte.

In der Tat wurde Naumanns überraschender Tod bei einem Urlaub in Travemünde von vielen Liberalen nicht nur als ein politischer, sondern auch ein persönlicher Verlust empfunden, so etwa von Theodor Heuss und seiner Frau Elly: "Naumanns Tod hat uns beide des geistigen Vaters beraubt".

Auch politische Konkurrenten wie Gustav Stresemann verweigerten ihm nicht die Anerkennung: "Daß mit ihm eine Persönlichkeit dahingegangen ist, die, mit reifstem Können ausgestattet, im ehrlichsten Wollen und Bemühen Gutes für sein Land wollte und Großes und Bleibendes als Persönlichkeit über die Partei hinaus anregte, das werden ihm am Grabe auch Gegner seiner politischen Anschauung gern bezeugen."

Die Nationalversammlung gedachte am 30. September 1919 des "schweren Verlusts", von dem sie "heimgesucht" worden war. Für Naumanns Partei, deren Führung er gerade eben übernommen hatte (vgl. Liberaler Stichtag 22.7.2009), kam dies fast schon einer Katastrophe gleich, denn sie entbehrte nunmehr einer Integrationsfigur, die die doch recht heterogene DDP (vgl. Liberaler Stichtag 16./18.12.2008) dank seines persönlichen Charismas hätte zusammenführen können.

Naumanns Nachfolger Carl Petersen verfügte nicht über dessen Ausstrahlungskraft und war als Hamburger Senator auch nicht wie dieser in das politische Leben in der Hauptstadt eingefügt. Naumanns Tod dürften den vor allem durch die wirtschafts- und außenpolitischen Entwicklung - Vertrag von Versailles - bewirkten demoskopischen Niedergang der Partei, die zwischen Januar 1919 und Juni 1920 mehr als die Hälfte ihrer Wähler verlor, noch verstärkt haben. Ob nicht nur die DDP, sondern die gesamte Weimarer Republik bei einem längeren Leben Naumanns ein anderes Schicksal genommen hätte, darüber kann nur spekuliert werden.

Was keiner der Zeitgenossen ahnte, war, dass mit Naumanns Tod eine andere politische Karriere im liberalen Sinn begann, denn für ihn rückte Marie-Elisabeth Lüders in die Nationalversammlung nach, die - wenn auch auf andere Weise - für die Entwicklung des deutschen Liberalismus im 20. Jahrhundert ähnlich prägend sein sollte wie der sächsische Pfarrer (vgl. Liberaler Stichtag 25.6.2008).

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