Freitag, 4. Juni 2010

Liberale Vorbilder: Vor 200 Jahren wird Hardenberg Staatskanzler in Preußen


Zu den Vorzügen Preußens gehörte es u. a., talentierte „Ausländer“ aus anderen deutschen Regionen für die eigenen Belange zu gewinnen. Ein herausragendes Beispiel ist dafür der aus dem hannoverschen Gifhorn stammende Karl August Fürst von Hardenberg (1750-1822).

Er war mehrfach preußischer Minister und schließlich sogar – als einziger – das Amt eines „preußischen Kanzlers“ innehatte. Er übernahm dieses in einer tiefen Krisensituation, als das Land von Napoleon militärisch schwer geschlagen worden und mit großen Gebietsverlusten und hohen Kontributionen belegt war.

Hardenbergs Aufgabe war es vor allem, die Mittel zur Zahlung der Kriegskontributionen an Frankreich bereitzustellen. Dazu setzte er ganz in liberaler Manier auf die Freisetzung der gesellschaftlichen Kräfte und führte die vom Freiherrn vom Stein begonnene Reformpolitik (Vgl. Liberaler Stichtag 19.11.2008) fort: Die Bauernbefreiung wurde vollendet, das Zunftwesen durch eine weitgehende Gewerbefreiheit überwunden und die Preußen jüdischen Glaubens gleichberechtigt.

Hardenberg unternahm sogar Ansätze zu einer „Volksvertretung“, was den erbitterten Widerstand des grundbesitzenden Adels hervorrief. Weil auch der preußische König nach der Niederwerfung Napoleons durch die vereinten europäischen Mächte auf Distanz zum Reformkurs ging und sein ihm von Hardenberg abgerungenes Verfassungsversprechen faktisch zurücknahm, blieb die Reformpolitik insgesamt ein Torso.

Die „Reformzeit“ bot jedoch den Liberalen später wichtige diskursive und auch rechtliche Ansatzpunkte bei ihren Versuchen, Preußen zu liberalisieren. Neben dem Freiherrn von Stein galt Staatskanzler Hardenberg nicht nur in liberalen Augen als der eigentliche Kopf dieser Reformpolitik.

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